Reform des rbb-Staatsvertrags zementiert die alte Medienwelt

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) leidet noch immer unter den Folgen der Ära Schlesinger. Verbunden damit sind steigende Kosten und gescheiterte Strategien. Die Bundesländer Berlin und Brandenburg wollen dies jetzt ändern und planen die Novellierung des rbb-Staatsvertrags, weitgehend unter dem Radar einer interessierten Öffentlichkeit. Hier kann man aber gerade sehen, dass eine fehlende Debatte nicht unbedingt hilfreich ist. Zumindest, wenn man ein Interesse an einer funktionierenden Öffentlichkeit in Form eines zukunftsgewandten öffentlichen Rundfunks hat.

Chance verpasst

Vor zwei Wochen hatte Laura-Kristine Krause in der Kolumne „Neues aus dem Fernsehrat“ bereits beschrieben, dass nur drei der zwölf Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Digitalperspektive in ihren Reihen haben.

Angesichts der Bedeutung der laufenden digitalen Transformation im Öffentlich-Rechtlichen überrascht es, dass bei dieser Novellierung die Chance verpasst wird, für eine solche Perspektive eine Vertretung neu zu formulieren. Stattdessen sitzen auch weiterhin im Rundfunkrat des rbb Vertreter:innen von Beamten, Gewerkschaften, mehrerer Religionen und der brandenburgischen Bauern. Mehr 90er geht nicht.

Dabei sollen diese Gremien noch mehr Macht bekommen und noch mehr Personalentscheidungen mittreffen. Zukünftig sollen auch die Leitungen der Landesangebote durch den Rundfunkrat bestimmt werden, was die Mitarbeitenden im rbb in einem offenen Brief zu Recht als Eingriff in die Programmautonomie bezeichnen. In heutigen Zeiten muss man ja auch mitbedenken, dass demnächst die AfD in Brandenburg stärkste Kraft sein könnte und sich immer mehr in der Brandenburger Zivilgesellschaft ausbreitet und darüber mehr Möglichkeiten der Einflussnahme schaffen könnte.

Aber auch das ist noch nicht das Analogste an dieser Reform. Aus dem Vorschlag trieft nur so die lineare Medienwelt der Vergangenheit, die sogar noch ausgebaut und zementiert werden soll. Weiterhin müssen politisch vorgegeben und festgeschrieben sechs lineare Radiosender betrieben werden, die teilweise heute bereits nicht mehr richtig voneinander zu unterscheiden sind.

Das Fernsehprogramm soll mindestens 60 Minuten täglich auseinandergeschaltet werden, bisher sind es 30 Minuten für die regionalen Nachrichten „Brandenburg Aktuell“ und die „Abendschau“. Außerdem soll ein neues Regionalbüro eingerichtet werden. Das klingt möglicherweise erst mal gut, kostet aber einige Millionen und bedeutet im Umkehrschluss, dass woanders für die neuen Aufgaben gespart werden muss – oder der Rundfunkbeitrag steigt.

Was dann wiederum zur Situation führen würde, dass ein steigender Rundfunkbeitrag das Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter beschädigt, obwohl konkrete politische Entscheidungen für diese Erhöhung verantwortlich sind. Zumal die Werbezeiten im Radio auf Wunsch privater Radiobetreiber auf maximal 90 Minuten täglich begrenzt werden sollen, man also viel mehr Ausgaben und viel weniger Einnahmen haben wird.

Hier werden Gelder im linearen Rundfunk und Fernsehen gebunden, die dann bei der Digitalisierung fehlen dürften.

Zementierung des Analogen aus kurzfristiger Wahlkampftaktik

Da merkt man, dass der Wahlkampf in Brandenburg begonnen hat und Ministerpräsident Woidke sich eine Reform zusammenbastelt, die leider mehr wahltaktisch bedingt als zukunftsgewandt aussieht. Und auch nicht gerecht erscheint, wenn eine Reform vor allem auf die ältere Bevölkerung zielt, die auch möglicherweise kurz- und mittelfristig noch am linearen Programm hängt. Aber wer weiß wie lange: Auch diese Zielgruppen wird schnell digital und damit nicht-linear, wenn der Breitbandausbau auch sie erreicht.

Verweise auf eine Digitalisierung finden sich nur in Stilblüten wie „Berichterstattung und Informationssendungen haben, auch beim Einsatz virtueller Elemente, den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen. Sie müssen unabhängig und sachlich sein.“ Was genau soll damit gemeint sein? Es ist selbstverständlich, dass alles, was der rbb macht, anerkannten journalistischen Grundsätzen entsprechen muss. Egal ob analog oder digital.

Es ist übrigens nicht alles schlecht. Zukünftig sollen Rundfunk- und Verwaltungsrat auch Fort- und Weiterbildungen ihrer Mitglieder gewährleisten, konkret werden „journalistische, technische, medienrechtliche und datenschutzrelevante Themen“ genannt. Außerdem sollen sie sich mit den Arbeits- und Sendeabläufen des rbb vertraut machen. Schön, dass man das Problem angeht, dass viele Gremienmitglieder nicht immer die beste Qualifikation für diese Rolle mitbringen.

Die Regierungen der beiden Bundesländer wollen die Novellierung des Staatsvertrages in einer gemeinsamen Kabinettssitzung am 7. November beschließen. Ich hätte ja gerne als zahlende Zielgruppe einen rbb, der für die digitale Welt aufgestellt wird.

Bleibt zu hoffen, dass die beiden Bundesländer sich noch mal besinnen und eine zukunftsfähige Reform vorlegen. Denn die Zeiten des linearen Rundfunks gehen schneller vorbei als man denkt. Aber die gesetzliche Aufgabe durch einen solch zementierten analogen rbb-Staatsvertrag bleibt dann bestehen. Das wäre ein Bärendienst für eine notwendige Reform des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks für die mediale Welt von morgen.